WiYou.de - Ausgabe 04/2014 - page 43

WiYou . Wirtschaft und Du . Ausgabe 4­2014
Foto: Manuela Müller
Schwerpunkt
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Rechtspflegerin als Traumberuf?
Manuela wollte eigentlich einen anderen
Weg gehen: „Ich hatte nach dem Abitur studiert, Kunstgeschichte und ange­
wandte Ethik, dann aber festgestellt, dass die Berufsaussichten in diesem
Bereich nicht so gut sind und deshalb nach einer bodenständigeren
Ausbildung gesucht.“ Eher zufällig stieß sie damals auf Rechtsanwaltsfach­
angestellte. „Ich hatte mich vorher gar nicht besonders für rechtliche Dinge
interessiert, aber es einfach gewagt, und es hat mir gefallen. Während der
Ausbildung habe ich dann auch den Beruf des Rechtspflegers kennengelernt
und wusste: Das ist das Richtige für mich.“ Das Studium zum Diplom­
Rechtspfleger im gehoben Justizdienst dauert insgesamt drei Jahre, in denen
sich Studienphasen im Studienzentrum in Rotenburg an der Fulda und
Praxiseinsätze bei verschiedenen Gerichten und Staatsanwaltschaften in
Thüringen abwechseln. „Nach einem kurzen Einführungspraktikum am
Amtsgericht begann gleich das erste Hauptstudium im Studienzentrum. Die
theoretischen Grundlagen erlernte ich gemeinsam mit den hessischen
Rechtspflegeranwärtern in Rotenburg an der Fulda. Anschließend konnte ich
das theoretische Wissen im Praktikum am Amtsgericht Jena und bei der
Staatsanwaltschaft Gera anwenden und vertiefen. Danach folgten das zweite
Hauptstudium und ein weiterer Praxisabschnitt.“ Manuela, die inzwischen
kurz vor der Abschlussprüfung steht, hat alle theoretischen und praktischen
Studienabschnitte erfolgreich absolviert. Sie hat nach und nach die verschie­
denen Bereiche, in denen ein Rechtspfleger eingesetzt werden kann, kennen­
gelernt. „Dazu gehören zum Beispiel Insolvenzrecht, Familienrecht, Strafrecht
und Nachlassrecht. Die Arbeit des Rechtspflegers ist wahnsinnig vielfältig. Man
entscheidet über Grundbucheintragungen, eröffnet Testamente, überwacht
Betreuungsangelegenheiten, leitet Gläubigerversammlungen oder Gerichts­
termine zu Zwangsversteigerungen, entscheidet über Vollstreckungsanträge,
kontrolliert die Vollstreckung rechtskräftig verhängter Strafen oder berechnet
die Verfahrenskosten.“ Für so viele Einsatzbereiche braucht man natürlich
auch jede Menge Hintergrundwissen, und das heißt hier: Gesetze, Gesetze,
Gesetze. Die Hauptarbeitsmittel der Rechtspfleger sind neben Akten und PC
der „Schönfelder“ und der dazugehörige Ergänzungsband, zwei dicke rote
Bücher, beide vollgepackt mit den wichtigsten Gesetzestexten. Manuela muss
nicht alle Gesetzestexte auswendig lernen, aber sie muss wissen, wo sie ste­
hen und sie anwenden können. Das Amtsdeutsch ist am Anfang für viele
Studenten eine kleine Herausforderung, im Laufe des Studiums lernt man
aber, immer besser damit umzugehen. Je nachdem, in welcher Abteilung
Manuela gerade arbeitet, hat sie bei Gericht auch sehr viel Kontakt zu
Bürgern. „Wenn es zum Beispiel um eine Zwangsvollstreckung geht oder ich
jemanden in Nachlasssachen vor mir sitzen habe, der gerade einen geliebten
Angehörigen verloren hat, ist das manchmal nicht so einfach.“ Spaß macht es
ihr aber trotzdem. „Wichtig ist, dass man Einfühlungsvermögen hat und immer
darauf achtet, was und vor allem wie man etwas sagt.“ Manuela fühlt sich in
ihrem jetzigen Beruf so gut aufgehoben, dass sie auch nach ihrem Abschluss
weiter bei Gericht arbeiten möchte. Als Landesbeamtin kann sie dabei thürin­
genweit bei Gerichten und Staatsanwaltschaften eingesetzt werden. „Da es
so viele verschiedene Bereiche gibt, in denen ein Rechtspfleger arbeiten kann,
wird mir ganz sicher nicht langweilig.“ (mü)
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Bei Gerichten und Staatsanwaltschaften arbeiten Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte und Notare, das ist allseits bekannt. Außerdem sind dort aber
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auch Rechtspfleger wie die 28­jährige Manuela beschäftigt. Sie steht kurz vor der Abschlussprüfung ihres dualen Studiums im gehobenen Justizdienst und
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ist bereit für den Aufgabenbereich von A wie Antragsaufnahmen bis Z wie Zwangsversteigerung.
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Zum Ausschneiden und Abheften in deinem Berufswahlpass.
Recht von A bis Z
Aufgaben
Rechtspfleger treffen in eigener Verantwortung
gerichtliche Entscheidungen in den ihnen übertra­
genen Bereichen der freiwilligen und streitigen
Gerichtsbarkeit.
Dauer
3 Jahre duales Studium
Voraussetzungen
Abitur oder Fachhochschulreife, Deutsche Staats­
bürgerschaft, Verantwortungsbewusstsein, Zuver­
lässigkeit, Entschlusskraft sowie gutes Einfüh­
lungs­ und Ausdrucksvermögen
Chancen
Abgeschlossen wird mit der Rechtspfleger­
prüfung als Laufbahnprüfung für den geho­
benen Justizdienst. Im Anschluss erfolgt
in der Regel die Ernennung in ein Beam­
tenverhältnis auf Probe mit Einsatzmög­
lichkeiten bei allen Gerichten und Staats­
anwaltschaften Thüringens.
Dipl.­
Rechtspfleger
(m/w)
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